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Ist Kunst Luxus?

Oder: wer fördert eigentlich wen?

Sommer 2007, "Open Studio" im Münchner Kunstpavillon. "Kunst ist kein Luxus" steht in Leuchtschrift über der Eingangstür des Pavillons im Alten Botanischen Garten. Nachdenken und arbeiten über die Frage, ob Kunst jetzt Luxus oder eben doch kein Luxus ist.

Kunst und Luxus I: Wem gehört die Kunst?

In einer Publikation anlässlich der 100jährigen Fertigstellung des Glaspalastes, den zerstörten Vorgänger des Kunstpavillons schrieb Hannes König, der das Gebäude nach dem Zweiten Weltkrieg restauratorisch rettete: "Im Pavillon Alter Botanischer Garten können Sie in Ausstellungen, die das ganze Jahr über gezeigt werden, Werke der Malerei, Grafik und Plastik sehen. Der freie Eintritt ermöglicht einen mehrmaligen Besuch und erleichtert Ihnen die Wahl, wenn Sie eventuell einen Kauf beabsichtigen.
Das Produkt "Kunst" wird also zugänglich, das Angebot wendet sich in einer Art Gegenentwurf zur Vermarktungskette, der Kunst als Luxusgut unterworfen ist und astronomische Auktionsergebnisse erzielen kann, direkt an die Bevölkerung. Von Luxus lässt sich das lateinische "lux" ableiten. Lux (spanisch "luz") bedeutet "licht". In dem sich Kunst direkt an die Massen wendet, zieht Luxus (Licht) ein in die Häuser des Volkes, er wird selbstverständlich, wenn Kunst öffentlich zugänglich wird.

Kunst und Luxus II: Die Produzenten.

Wer meint, dass die Bereitstellung von Ausstellungsraum (wie z. B. im Kunstpavillon) bereits "Künstlerförderung" sei, liegt falsch - obwohl diese Vorstellung immer noch in vielen Köpfen festsitzt. Tatsächlich ist Ausstellungstätigkeit für die meisten Künstler eher eine Art Luxus, denn ganz offensichtlich hat das Geschäftsmodell "Ausstellung" für Produzenten längst ausgedient. Heute passiert es kaum noch, dass ein Kunstliebhaber spontan zum Förderer mutiert, der es dem Künstler durch einen Ankauf ermöglicht, kostendeckend zu arbeiten oder gar seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

De facto ist es heute eher so, dass Ausstellungstätigkeit die Kunstschaffenden Geld, Zeit und Energie kosten, statt Einnahmen zu bescheren. Unterm Strich sind Ausstellungen überwiegend Verlustgeschäfte, die bestenfalls unter "Werbungskosten" verbucht werden können.

Für uns Künstler im Gremium "Kunstpavillon e. V." bedeutet der Betrieb des Pavillons ferner, dass wir Arbeit leisten, für die wir anderorts bezahlt würden: organisatorische Verantwortung, unentgeltliche Büro- und Administrationstätigkeit. (Eine Bemerkung am Rande, die die Skurrilität der Situation zeigt: Künstler A, etwas frustriert über die sporadische Jurytätigkeit und gehäufte administrative Arbeit im Pavillon: "Eigentlich könnte das jeder (also auch ein Nicht-Künstler) tun." Künstler B: "Ja, aber keiner tut's unentgeltlich. Nur wir.")

Kunst und Luxus III: Wer fördert wen?

Wenn der Pavillonbetrieb also keine Künstler fördert, sondern sie zeitlich und finanziell sogar noch zusätzlich belastet, wen fördert er dann? Es bleiben: die Bürger, die Besucher des Pavillons, und das seit ein paar Monaten sogar wieder bei freiem Eintritt. Der Pavillon fördert also das kunstsinnige Publikum, indem er zeitgenössische Kunst zugänglich macht.

Das ist sehr lobenswert und wird zunächst einmal durch die Landeshauptstadt München ermöglicht, die die Betriebskosten des Gebäudes finanziert; dann durch all die Künstlerkollegen, die die organisatorische und administrative Bürde unentgeltlich und aus Idealismus tragen; vor allem aber dank all der Künstler, die schöpferisch tätig sind, ihre Arbeit quasi ohne nennenswerte Förderung von außen selbst finanzieren und die entstandenen Werke dem interessierten Publikum gerne bereitwillig und auf eigene Kosten zeigen.

Den Begriff Kunstmäzenatentum verbindet man gewöhnlich mit Stiftungen und großzügige kulturelle Förderung. Tatsächlich aber sind es vor allem künstlerische Eigenleistung und der finanzielle sowie zeitliche Einsatz von Künstlerinnen und Künstlern, die Kunst für ein breites Publikum erfahr- und erlebbar machen.

Es geht mir an dieser Stelle weniger um das bekannte Lamento, dass Künstler ohne Auftrag und meist unentgeltlich arbeiten (obwohl man dies kritisch sehen muss, denn es treibt viele Jahr um Jahr tiefer in finanziell bedenkliche Situationen). Ich würde mir ganz einfach wünschen, dass Künstlerinnen und Künstler für ihre gesellschaftliche Leistung Anerkennung erfahren - welcher Art auch immer.

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